20 Jahre UK in Sachsen –
Auf dem Weg zur Inklusiven Teilhabe

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Im Rahmen des Projektes »Unterstützte Kommunikation« fand in der kooperativen Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. vom 28.–29. Oktober 2016 eine zweitägige Fachtagung in Leipzig statt.


Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention sowie des Bundesteilhabegesetzes sollen u. a. im Bereich der Kommunikation Barrieren abgebaut und Möglichkeiten der Teilhabe geschaffen werden.

Die Öffnung gegenüber diesem neuen Kerngedanken »Teilhabe« erfordert einerseits eine enge Zusammenarbeit aller Akteure – vor allem der Fachkräfte – und andererseits eine optimale Versorgung verbunden mit teilhabeorientierter Begleitung für Menschen mit alternativen Kommunikationsformen. Allen voran die Kostenträger, aber auch sämtliche Anbieter von Dienstleistungen (Wohnen/Arbeiten/Bildung/Gesundheit/Freizeit) müssen die Bedürfnisse der Betroffenen, deren Würde, aber auch ihren Anspruch auf Selbstbestimmung und Gestaltung von Lebensqualität als Recht und Selbstverständnis in den Fokus nehmen, um nötige Veränderungen voran zu treiben.

Verstehen und Verstanden-Werden dienen nicht nur dem Aufbau von sozialen Beziehungen, sondern sind darüber hinaus eine wichtige Voraussetzung, um sich die Welt anzueignen, sie mitzugestalten, erfolgreich zu lernen und vor allem tatsächliche gesellschaftliche Teilhabe erleben zu können. Diese Erfahrung leistet einen wertvollen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung, benötigt jedoch Begegnungen von Mensch zu Mensch auf Augenhöhe sowie die Bereitschaft zur Sensibilisierung auch auf administrativer Ebene. Hier gibt es noch deutliche Entwicklungspotenziale, deren Entfaltung Geduld und Zeit erfordern. In Sachsen sind im Hinblick auf die Teilhabe von Menschen mit alternativen Kommunikationsformen bereits erste positive Veränderungen erkennbar. Mit dem Projekt Unterstützte Kommunikation gelingt es in Leipzig erstmalig einer Stadt, alle Träger zusammenzubringen und für das Thema Barrierefreie Kommunikation zu sensibilisieren. Bedingungsfaktoren für deren Gelingen können durch eine umfassende empirische Studie im außerschulischen Handlungsfeld untersetzt werden.

Verschiedene Impulsvorträge dienten dazu, neue Erkenntnisse vorzustellen, um somit inklusive Teilhabe in allen Lebensbereichen und über die gesamte Lebensspanne nachhaltig umzusetzen. Eingeladen wurden Vertreterinnen und Vertreter von Trägerorganisationen der Arbeit mit Menschen mit Behinderung, aber auch Personen aus der Verwaltung, Lehre und Forschung, Betroffene sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedener Institutionen, Vereine und Verbände.

Schwerpunkte der Tagung bildete die Analyse der Teilhabe-Situation von unterstützt kommunizierenden Menschen und die nachhaltige Sicherstellung der Verbesserung ihrer Lebensqualität, Handlungskompetenz und sozialen Integration.

Am Freitag, den 28. Oktober 2016 wurden die aktuellen Projektergebnisse von
9 bis 15 Uhr im Haus ohne Barrieren vorgestellt. Die im Projekt erhobenen Daten und Bedarfe, Zwischenergebnisse und Perspektiven wurden aufgezeigt. Darüber hinaus gaben Selbstbetroffene Erfahrungseinblicke aus unterschiedlichen Lebenskontexten. Die Veranstaltung konnte durch die Unterstützung und Begleitung der Gebärdendolmetscherinnen Heike Barth und X. Popp barrierefrei umgesetzt werden.

Ulrike Stollberg (Moderatorin), Projektkoordinatorin Unterstützte Kommunikation/ Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. Regionalgruppe Sachsen begrüßte gemeinsam mit Marika Günther, UK- Expertin in eigener Sache die anwesenden Gäste. 

Im Anschluss sprach Peter Böhmer, Betriebsleiter des Städtischen Eigenbetriebs Behindertenhilfe sein Grußwort und wünschte für die Fachtagung gutes Gelingen.

In den nachfolgenden Impulsvorträgen kamen verschiedene Referenten zu Wort, die aus unterschiedlichen Perspektiven noch einmal auf die Brisanz des Themas aufmerksam machten.

UK – Mein Sprungbrett zur Selbstbestimmung – darüber berichtete Katrin Lemmler, UK-Expertin in eigener Sache, Bundesvorstand der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. per Skype – Zuschaltung aus Köln im Gespräch mit Michael Evers, 2. Vorsitzender des Bundesvorstandes der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. Der Vortrag ließ erahnen, in welcher Geschwindigkeit neue Medien, z. b. Skype auch unterstützt kommunizierende Menschen nutzen können. Sehr eindrucksvoll konnte Katrin Lemmler aus Köln von sich als UK-Nutzerin aus ihrem Alltag als Erziehungswissenschaftlerin berichten.

Im Anschluss präsentierte Ulrike Stollberg (Moderatorin), Projektkoordinatorin Unterstützte Kommunikation/ Mitglied der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. Regionalgruppe Sachsen, die Projektergebnisse als neue Chancen im System.

Marika Günther, UK-Expertin in eigener Sache mit Assistentin Andrea Scherr berichteten über ihre vielfältigen Aktivitäten und der Initiierung des Selbst-Hilfe-Netzwerkes. 

»Professionalisierung in der Unterstützten Kommunikation. Ressourcen entdecken -Chancen nutzen.« Unter dieser Thematik wurden die Ergebnisse der empirischen Studie und die sich daraus ergebenden Maßnahmen und Handlungsschritte von Jun. Prof. Dr. Michael Wahl, Humboldt-Universität zu Berlin/ Vorsitzender Deutscher Bundesverband akademischer Sprachtherapeuten e.V. und Jun. Prof. Dr. Markus Spreer Universität Leipzig/ Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e.V. eindrucksvoll präsentiert.

In ihrem Beitrag »Mit Unterstützter Kommunikation und Mut zum inklusivem Handeln - ein Kinderhaus für alle« berichteten Marita Reim, Heilpädagogin und Constanze Javane, Leiterin »Kinderhaus Schönau« - Gemeinnützige Känguru Kindertagesstätten Leipzig GmbH aus ihrem Alltag.

»Lebenslanges Lernen als biografische Aufgabe« mit diesem Impuls erhielten die TeilnehmerInnen von Liliana Rieger-Ryszka, HPZ i.A. und Wenke Lautenschläger, Expertin in eigener Sache - Christliches Sozialwerk gGmbH Wohnheim Sankt Raphael, Leipzig einen Einblick in den Bereich des Wohnens.

»Arbeitsassistenz und Kommunikation am Arbeitsplatz« war das Thema von Anja Kuhnert, Gebärdensprachdozentin und Fachkraft für Soziale Arbeit mit Gebärdendolmetscherinnen, Stadtverband der Hörgeschädigten Leipzig e.V. In ihren Ausführungen stand die Terminologie der Gebärden und Gebärdensprache im Mittelpunkt.

»Unterstützte Kommunikation: Chancen und Möglichkeiten aus der Sicht des Sozialamtes Leipzig.« war das Thema von Jenny Richter. Sie berichtete in ihrem Vortrag über die Chancen und Möglichkeiten aus der Sicht des Sozialamtes der Stadt Leipzig. Der gesellschaftliche Paradigmenwechsel zu mehr Teilhabe, Integration und Selbstbestimmung von Menschen mit und ohne Behinderung erfordert in der Umsetzung verschiedene Maßnahmen und Instrumente. Die Unterstützte Kommunikation ist für viele Menschen mit Behinderung eine unerlässliche Voraussetzung dafür.

Zum Abschluss gab es durch Ulrike Stollberg, Projektkoordinatorin Unterstütze Kommunikation/ Mitglied der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V., Regionalgruppe Sachsen einen Ausblick auf weitere Projektaktivitäten.

Der zweite Fortbildungstag am 29.10.2016 fand in Zusammenarbeit mit der BBW - Gruppe Leipzig statt.

Die Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. ist in Deutschland bundesweit aktiv.

Michael Evers, 2. Vorsitzender des Bundesvorstandes der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. übermittelte die Tagungsgrüße vom Bundesvorstand. In den zurückliegenden Jahren hat die Regionalgruppe Sachsen für alternativ kommunizierende Menschen einiges bewirkt.
Herr Uwe Billerbeck gab in seinem Rückblick Einsichten auf die Gründungsinitiative und die vielen Aktivitäten, die bis heute ungebrochen anhalten. Neue Perspektiven wurden aufgezeigt.

Jun. Prof. Dr. Markus Spreer, Universität Leipzig/ Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik, stellte die empirische Studie und die sich daraus ergebenden Maßnahmen und Handlungsschritte vor, um Perspektiven bezüglich der Professionalisierung in der Unterstützten Kommunikation zu erwirken.

In den nachfolgenden Angeboten konnten sich die TeilnehmerInnen vielseitig informieren:

  1. »Projekt Unterstützte Kommunikation (PUK) -
    Neue Perspektiven im System«
    Ulrike Stollberg, Leipzig
  2. »Selbst-Hilfe-Netzwerk«
    Marika Günther, UK-Expertin in eigener Sache
    mit Assistentin Andrea Scherr, Leipzig
  3. »UK-Förderung im Rahmen eines Kurssystems im Fach Deutsch an einer Schule für körperliche und motorische Entwicklung«
    Michael Evers, Bremen
  4. »Unterstützte Kommunikation im Förder- und Betreuungsbereich –
    Wichtig und möglich!«
    Julia Börner, Pirna
  5. »Unterstützte Kommunikation in der Frühförderung«
    Franziska Musketa, Halle/S.
  6. »Unterstützte Kommunikation bei erworbener Hirnschädigung«
    Uwe Billerbeck, Dresden 
  7. »Kommunikation mit taubblinden Menschen«
    Ulrike Fourestier, Taubblindenzentrum Radeberg 

Die Fortbildungstage boten eine Plattform für handlungstheoretische und -praktische Reflexionen, aber auch grenzüberschreitenden fachlichen Austausch. Im Mittelpunkt des ersten Tages stand die Präsentation der Ergebnisse des Projektes Unterstützte Kommunikation. Der Nachmittag bot ein Forum für Diskussion zur Sicherung der Projekt-Nachhaltigkeit. Gemeinsam war man sich einig, dass die Ergebnisse mit ihren herausgearbeiteten Bedarfen und Empfehlungen nur durch eine Fortführung des Projektes umgesetzt werden können.

Der zweite Veranstaltungstag bot den Rahmen auf 20 Jahre UK in Sachsen zurückzublicken. Auf die innovativen Anfänge, die vielseitigen regionalen Aktionen, die neuen Rahmenbedingungen seit dem Paradigmenwechsel in den Bereichen der Medizin und Pädagogik, die schlussendlich durch das Bundesteilhabegesetz ihre Verstetigung erhalten. Inklusion und Teilhabe wird in den nächsten Jahren verstärkt zu einer Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Dazu braucht es nicht nur den Brückenschlag der unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen und Fachverbände sondern auch ganz konkrete innovative Konzeptideen damit die Teilhabe von unterstützt kommunizierenden Menschen über die gesamte Lebensspanne gelingt.

Das Tagungsprogramm wurde durch eine Ausstellung unter Beteiligung von verschiedenen Hilfsmittelfirmen, Fachverbänden und Anbietern von didaktischen Materialien und Fachbüchern ergänzt.

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