Gestaltungsprojekt
»Wir machen uns schön« –
Schmuckwerkstatt
Schloss Schönefeld

Sie sind hier:

Kursteilnehmerin mit Kommunikationshilfe
Kursteilnehmerin mit Kommunikationshilfe

Von 2013 – 2015 konnte in Leipzig sechs jungen Frauen mit mentalen Beeinträchtigung und starken Spracheinschränkungen ein Schmuckkurs als Freizeitbeschäftigung angeboten werden. Die Teilnehmerinnen sprechen nicht oder wenig lautsprachlich. Methoden der Unterstützten Kommunikation, Symbole, Gebärden und elektronische Sprachausgabegeräte wurden zur Verständigung im Kurs verwendet. Jede Teilnehmerin konnte so eigene ästhetische Vorstellungen äußern und umsetzen. Zugleich boten die Veranstaltungen ausreichend Anlass, Mittel der Unterstützten Kommunikation anzuwenden und den Umgang mit ihnen zu üben. Die Teilnehmerinnen mit verschiedenen Assistenzbedarf waren zwischen 14 und 19 Jahre alt und entwarfen, gestalteten und fertigten individuelle Schmuckstücke für sich selbst. Das Gestaltungsprojekt bot ihnen unabhängig vom Umfang ihrer Behinderungserfahrungen die Möglichkeit eigenständig Kreativität auszuleben, indem ihre gestalterischen Kompetenzen als Grundlage für die Herstellung von Schmuckstücken genutzt und einfache Materialien und Techniken verwendet wurden. Hierbei standen die Stärkung der Selbstbestimmung und das gemeinsame Handeln genauso im Mittelpunkt wie das ästhetische Erleben und Wahrnehmen von Materialien, Formen, Farben. Konzipiert und durchgeführt wurde das Kursangebot durch die Goldschmiedemeisterin Lina Peetz die zusätzlich Förderpädagogik in Leipzig studierte und so traditionelle Handwerktechnik auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Teilnehmenden anpassen konnte. Unterstützt und beraten wurde sie hierbei von Ulrike Stollberg, u.a.Fachfrau für Unterstützte Kommunikation, Kunstpädagogin und Kunsttherapeutin. Die Assistenz für die Teilnehmerinnen wurde von den Studierenden der Kunstpädagogik an der Universität Leipzig Hanna Neik, Vera Numberger und Dörte Rutsch übernommen.


Kursphasen

Die Phasen des Kurses gingen über die 1 1⁄2 Jahre hinweg von einer Einführung über Funktionen und Kategorien des Themas Schmuck, über vorgegebene Schmuckprojekte, hin zu einer immer eigenständigeren Schmuckgestaltung. Dabei konnten, die Teilnehmerinnen trotz Assistenzbedarf so eigenständig wie möglich gestalten und ihre eigenen Entscheidungen in den entstandenen Schmuckstücken sichtbar werden lassen. Es entwickelten sich immer mehr eigene Entwurfsprozesse bis hin zum – von einigen Teilnehmern ausgeführten – Vorskizzieren und Gestalten einer eigenen Kollektion.

Zudem wurden die verschiedenen Schmuckkategorien wie Ring, Kette, Armband bis hin zu einer Schmuckkollektion über Realgegenstände, Fotos und Symbolkarten vorgestellt. Im anschließenden praktischen Teil der Schmuckwerkstatt wurden dann verschiedene Schmuckgestaltungsprojekte durchgeführt.

Ablauf

Schmuckelemente hergestellt aus Bildausschnitten
Schmuckelemente hergestellt aus Bildausschnitten

Das wöchentlich je eine Stunde dauernde Angebot war eingebettet in einen ritualisierten Rahmen. Zu Beginn wurden alle Teilnehmer unter Verwendung der jeweils genutzten Kommunikationshilfen und gebärdenunterstützt begrüßt. Die Teilnehmer wählten nun welches Schmuckstück sie mittels welcher Technik am jeweiligen Tag herstellen wollten. Eigens gefertigte Symbolkarten konnten diesen Prozess unterstützen.

Dem Anfangsritual folgte das individuelle Arbeiten an einem mit den jeweils benötigten Materialien, Werkzeugen und symbolgestützte Arbeitsskripte vorbereiteten Arbeitstisch. Die Assistenz unterstützten die Teilnehmerinnen motorisch und boten ihnen die verschiedenen Möglichkeiten zur Auswahl an, überließen ihnen aber die Entscheidung, was wie genau gemacht und angeordnet werden sollte. Zum Abschluss einer Kursstunde zeigten sich die Teilnehmerinnen gegenseitig, was sie gefertigt hatten und probierten fertige Schmuckstücke voreinander und vor dem Spiegel an. Auch hier ergab sich wieder eine gute Möglichkeit die Kommunikationshilfen einzusetzen.

Techniken

Aus Kritzeleien wird schöner Schmuck
Aus Kritzeleien wird schöner Schmuck

Entsprechend den Anforderungen der Teilnehmerinnen kamen gezielt einfache Fertigungstechniken zum Einsatz um so eine möglichste hohe Fertigungs- und Entscheidungstiefe durch die Teilnehmerinnen gewährleisten zu können.

Schmuck aus Bildausschnitten

Die Teilnehmerinnen fertigten mit Stiften und Farben auf Papier Bilder an, wobei die meisten eine nicht figürliche Technik als Ausdrucksweise nutzten. Mittels einer Schablone wurden anschließend Bildausschnitte gewählt, ausgeschnitten und mit Nylonfaden auf Messingplättchen genäht. Diese wurden dann als Schmuckelement zu Anhängern, Haarschmuck und Broschen verarbeitet.

Schmuck aus Pappmachéperlen

Bilder auf Papier wurden nach der Fertigung in kleine Stücke zerrissen. Mit Tapetenkleister und weichem, gut formbarem Papier wurden Kugeln um Schaschlikspieße geformt und mit den Bildschnipseln beklebt. Nach dem Trocknen wurden die Perlen mit Klarlack versiegelt. In den nachfolgenden Stunden konnten die Teilnehmerinnen über Symbolkarten auswählen, welche Schmuckstücke sie fertigen wollten, und es entstanden Ketten, Haarschmuck und Broschen.

Schmuck hergestellt aus Schläuchen
Schmuck hergestellt aus Schläuchen

Schmuck aus Schläuchen und Trinkhalmen

Fädeln und Kombinieren verschiedener Elemente waren die gestalterischen Grundelemente für dieses Schmuckprojekt. Gartenschläuche und Trinkhalme wurden in verschieden breite Abschnitte zu Perlen mit großem Lochdurchmesser vorgefertigt. Kleinere Perlen entstanden aus Trinkhalmen, die von einigen Teilnehmerinnen mit einer Schere zu kleinen Perlabschnitten geschnitten wurden. Die Perlen wurden auf verschiedene Leder-, Plastik- und Kautschukbänder aufgefädelt, wobei die Teilnehmerinnen die Anordnung und Materialwahl bestimmten. Einer Teilnehmerin gelang dies alleine, anderen Teilnehmerinnen war es nur möglich, wenn die Bänder vorher am Tisch befestigt wurden oder ein Knoten am Ende das Abrutschen der Perlen verhinderte. Besser gelang es allen, wenn eine Assistentin die Schnur oder Kette zum Auffädeln hielt.

Schmuck aus Holz, Strukturpaste & Acrylfarbe

Holzplättchen mit weißer Beschichtung wurden in Kreis- und Quadratformen vorbereitet. Die Kanten wurden von den Teilnehmerinnen mit Feilen und auf den Tisch geklebtem Schmirgelpapier versäubert. Zwei motorisch nicht eingeschränkte Teilnehmerinnen bohrten mit Unterstützung an der Standbohrmaschine Löcher zum Aufhängen in die Plättchen. Die Holzplättchen wurden mit Strukturpaste bemalt. In diese wurden mit Spachteln Ornamente geritzt. Nach dem Trocknen der erfolgte die Gestaltung der Plättchen mit Acrylfarbe. Messingösen dienten als Aufhängung, um die Holzplättchen zu Schmuckstücken weiter zu verarbeiten.

Schmuck hergestellt mit Draht
Schmuck hergestellt mit Draht

Schmuck aus Kunstleder und Klebeband

Kleben und Schneiden waren die Techniken des fünften Kursabschnittes. Hierfür wurden verschiedenfarbige Kunstleder und Klebebänder als Material genutzt. Ziel war es, eine eigene Kollektion herzustellen. über die Symbolkarten und Fotos wurde besprochen, was eine Kollektion ist. Die Teilnehmer wählten die Schmuckkategorien, die ihre Kollektion beinhalten sollte, über Symbolkarten aus. Für das Anfertigen von Skizzen übertrugen die Teilnehmer schließlich Formschablonen auf Papier und bemalten die Flächen mit Farben und Formen und nahmen dies als Ausgangspunkt für die farbige Umsetzung ihrer Kollektion.

zurück zur Übersicht