Barrierefreiheit auch im Bereich Kommunikation

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Buchtitel »Der kleine Löwe und seine Freunde«
Buchtitel »Der kleine Löwe und seine Freunde«


Die Schaffung von Barrierefreiheit beginnt in unseren Köpfen. In dieser Überzeugung stellte sich Gunter Jähnig und Marlies Große vom Behindertenverband Leipzig e. V. der Aufgabe, ein Anschauungs- und Lernbuch für Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren zu erarbeiten.

Mit großem Erfolg entwickelte sich aus dem Buch »Der kleine Löwe und seine Freunde« ein umfangreiches Ausbildungsprojekt. Die ersten 4000 Exemplare waren innerhalb von 7 Monaten vergriffen. Zunächst nur für Leipziger Institutionen gedacht, besteht inzwischen in ganz Sachsen und darüber hinaus reges Interesse am Buch.

»Der kleine Löwe und seine Freunde« wurde als Vorlesebuch konzipiert und beschreibt auf einfache Art und Weise unterschiedliche Behinderungsarten und deren Problembewältigung im Alltag.
Die Autorin Marlies Große hat dazu vier Figuren entwickelt, die stellvertretend eine Behinderungsart repräsentieren. Für den kleinen Löwen der im Rollstuhl sitzt stand das Wappentier der Stadt Leipzig Pate. Gemeinsam mit dem blinden Maulwurf, dem gehörlosen Hasenmädchen und einem lernbehindertem Schildkrötenjungen erleben sie verschiedene Abenteuer in Leipzig. Dabei stoßen sie immer wieder auf Schwierigkeiten, mit denen Menschen mit Behinderung im Alltag zu kämpfen haben.

Der Lernkoffer »Barrierfreiheit spielend lernen«
Der Lernkoffer »Barrierfreiheit spielend lernen«
Das Projekt, gefördert vom Freistaat Sachsen, entwickelte sich recht schnell vom Buch zum Lernkoffer. Darin enthalten sind Lernmaterialien ganz unterschiedlicher Art, um das Thema Barrierefreiheit und Leben mit Behinderung spielerisch aufzugreifen:

Weitere Informationen…

Der Igel entstand in der Kunstwerkstatt Schloss Schönefeld, unter der Leitung von Ulrike Stollberg. Jugendliche entwickelten die Idee für die Figur und setzten diese in Form einer Bildcollage um. Gemeinsam gaben sie ihm den Namen "Borstel". Er steht stellvertretend für Menschen die etwas spezieller sind und kommunikative Beeinträchtigungen haben.

Diese Ideenvorlage wurde dann in der Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren im Design der anderen Handpuppen angepasst. Zusätzlich sollte die Handpuppe einen Sprachcomputer erhalten, um auf die kommunikativen Beeinträchtigungen aufmerksam zu machen. Ulrike Stollberg entwarf hierfür die Skizze, auf deren Grundlage die Modelle professionell angefertigt wurden.

Bildcollage als Ideenvorlage
Bildcollage als Ideenvorlage

Nach gemeinsamen Absprachen mit Annette Kitzinger konnten für die fünf Einlegeblätter Metacom-Symbole zur Verfügung gestellt werden. Auf den Kommunikationstafeln sind unterschiedliche Kategorien und Aussagen symbolisiert. Somit kann in vereinfachter Form die Wirkungsweise einer Kommunikationshilfe erklärt werden.

Nach Fertigstellung des ersten Buches überreichten die Jugendlichen der Schule "Schloss Schönefeld" im Rahmen einer Veranstaltung in der Nikolaikirche ihre Papier-Collage die einen Igel repräsentierte. Dies war mit der Bitte an die Autorin Marlies Große verbunden alle Menschen mit Behinderung einzubeziehen und keinen auszuschließen.

Barrierefreiheit bezieht sich nicht nur auf den Appell der Mobilität sondern auch auf die Kommunikation als Voraussetzung für Teilhabe und Lebenslanges Lernen.


Igel »Borstel« mit seinem Sprachcomputer
Igel »Borstel« mit seinem Sprachcomputer

Die Weiterentwicklung des Projektes

Seit 2014 ergänzt ein großes Familienspiel unter dem Titel »Begegnungstag im Leonland« die Lernmaterialien.

Auch ein musikalisches Hörbuch wurde aufgenommen. Die Besonderheit ist die Zuordnung eines bestimmten Musikstückes und Instrumentes zu jeder Figur des Buches. Deren Beeinträchtigungen standen Pate bei der Auswahl der Komponisten die ähnliche Lebensschicksale aufweisen. Die Rahmenhandlung wurde in Form eines Hörspieles gestaltet und ermöglichte die Einführung der Igelfigur. Der ostdeutsche Liedermacher Gerhard Schöne spielte zwei Musikstücke neu ein u.a. das »Barrierelied« mit dem Text von Dr. Jürgen Trogisch.

Im Rahmen der Leipziger Buchmesse 2014 präsentiert Marika Günther, Expertin in eigener Sache, als Co-Referentin mit der Autorin Marlies Große das Hörbuch »Das Geheimnis im Schloss«.

Im gemeinsamen Gespräch, geführt von Marlies Große, erhielt Marika Günther die Möglichkeit das Hörbuch, mit ihrer elektronischen Kommunikationshilfe, welche sie mit den Augen bedient, vorzustellen. Mit großem Erstaunen folgte das zuhörende Publikum den akustischen und visuellen Ausführungen von Marika Günther. Durch die eingesetzte Technik konnten die Umsetzungsschritte der Augensteuerung verdeutlicht werden.

Titel des Hörbuchs »Der kleine Löwe und seine Freunde«
Titel des Hörbuchs »Der kleine Löwe und seine Freunde«
Die herausragende Leistung als Co-Referentin zeigt, dass es möglich ist, dass Menschen, die aufgrund einer erworbener Einschränkung in der Lautsprache mittels elektronischer Kommunikationshilfen wieder aktiv am Leben teilhaben können.

Im Jahr 2015 erschien das Buch »Der kleine Löwe und seine Freunde entdecken Sachsen«. Im Mittelpunkt steht die Begegnung zwei weiterer Akteure, die alle zusammen durch das Land Sachsen reisen und ihre ganz eigenen Abenteuer erleben.

Viele engagierte Menschen haben das Buch- und Kofferprojekt getragen und vorangebracht. Auf diesem Weg entstanden neue Ideen, die dadurch auch eine Umsetzung erfuhren.

Das Projekt verdeutlicht, dass Barrierefreiheit ein Motto und gleichzeitig Ziel ist, welches viel Wissen um Behinderung voraussetzt. Sowohl das Buch als auch die Lernmaterialien laden zum Ausprobieren ein. Sie tragen zum Verständnis und zu mehr Achtsamkeit im Umgang von Menschen mit Behinderungen bei.

Von 2013 bis 2015 etablierte sich ein Netzwerk von engagierten Projekt-Partnern. Hauptsächlich Bibliotheken, Medienpädagogische Zentren, Behindertenbeauftragte und Behindertenverbände und -organisationen sind in diesem Netzwerk als Verleihstellen vereint. Pädagogische Fachkräfte und andere interessierte Nutzer können sich die Materialien vor Ort ausleihen. Auch die PUK-Stelle Leipzig verfügt über diesen Lernkoffer und trägt zur weiteren Öffentlichkeitsarbeit bei.

Titel des Hörbuchs »Das Geheimnis im Schloss«
Titel des Hörbuchs »Das Geheimnis im Schloss«

Zum Nationalen Bundeskongress der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. vom 24.–27. September 2015 in Dortmund wurde der Lernkoffer sehr interessiert wahrgenommen. Beeindruckt von dem großen Engagement, den liebevoll entwickelten Lernmaterialien und deren vielseitige Auseinandersetzung mit dem Thema Barrierefreiheit sucht man vergleichsweise nach so einem Vorhaben in anderen Regionen Deutschlands vergeblich. Das Projekt ist bundesweit einmalig.

Zur Buchmesse am 20. März 2016 auf der Neuen Messe Leipzig gestaltete Frau Marika Günter gemeinsam mit weiteren Akteuren des Behindertenverbandes Leipzig eine interaktive Buchlesung.

Im Rahmen des Nutzertreffens der UK-Regionalgruppe Sachsen 2014 in Dresden und zur Fachtagung »20 Jahre UK in Sachsen – Auf dem langen Weg zur inklusiven Teilhabe« am 28.–29. Oktober 2016 in Leipzig hatte man Gelegenheit sich damit auseinanderzusetzen.

Der Weg vom Buch zum Koffer könnte mit dem Liedtitel »Alles muss klein beginnen…« von Gerhard Schöne überschrieben werden. Der beliebte ostdeutsche Liedermacher, der noch heute in vielen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen unterwegs ist, dichtete 1988:

»Alles muss klein beginnen,
lass etwas Zeit verrinnen.
Es muss nur Kraft gewinnen,
und endlich ist es groß.«